Fachplanung: Mobilität

Das Mobilitäts­konzept der Stadt Ried

Verkehrsanalyse

Mobilität neu denken?

Der nationale österreichische Mobilitätsmasterplan sieht unter anderem eine Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs um ein Viertel bis 2040 vor. Doch auch 2022 können sich viele Menschen weder beruflich noch privat ein Leben ohne eigenes Auto vorstellen – sei es aus Gewohnheit oder aufgrund fehlender Alternativangebote.

Wie also kann die Zielsetzung des Mobilitätsmasterplans mit den Mobilitätsbedürfnissen der Bürgerinnen und Bürgern vereint werden? Welche Rahmenbedingungen braucht es, um die Bevölkerung aktiv an der Mobilitätswende zu beteiligen?

Ausgangslage

Die Stadtgemeinde Ried im Innkreis beherbergt auf 6,8 km2 rund 12.200 Einwohner und 14.000 Arbeitsplätze. Mehrere größere Industrie- und Gewerbetriebe liegen in der Stadt. Dies führt dazu, dass täglich rund 11.000 Menschen nach Ried einpendeln, der größte Teil mit dem eigenen Pkw.
Ried ist das Versorgungszentrum für das umliegende Innviertel mit einer funktionierenden Nahversorgung, mehreren Schulen und einer bunten Geschäftswelt. Neue Versorgungszentren in den Umlandgemeinden führen jedoch zu einem schleichenden Funktionsverlust der Rieder Innenstadt.
Die Stadtgemeinde versuchte daher in der Vergangenheit, durch eine Aufwertung des Stadtzentrums die Zentrumsfunktion zu stärken. Begleitet war dies mit der Umsetzung einer der größten Begegnungszonen Österreichs. Die Frage des Parkens und des Durchgangsverkehrs blieb davon jedoch relativ unberührt, so dass heute trotz Begegnungszone sehr viele Parkplätze im Straßenraum bestehen und erhebliche Durchgangsverkehrsströme durch das Stadtzentrum laufen.
Die kompakten Strukturen und die Kleinheit des Stadtgebietes bieten grundsätzlich gute Voraussetzungen für eine Umorientierung der Verkehrsplanung und Verkehrsentwicklung hin zu einer Stadt der kurzen Wege oder einer 15min-Stadt, in der viele Wege zu Fuß oder mit einem Fahrrad/ E-Bike erledigt werden können.
Mit dem angebotenen Mobilitätskonzept soll eine Strategie für eine nachhaltige Aufwertung des Stadtzentrums, sowie eine Neuorientierung der Mobilitätsentwicklung mit Schwerpunktsetzungen im Bereich aktive Mobilität und Verkehrsberuhigung erarbeitet werden.

Arbeitsschritte

Die Ausgangslage soll auf Basis aktueller Daten analysiert werden; Stärken und Schwächen werden aufgezeigt.

  • Die Erfahrungen mit den bisher umgesetzten Maßnahmen für das Stadtzentrum werden zusammengefasst, Schlussfolgerungen daraus werden gezogen.
  • Entwicklungschancen und Entwicklungsrisken bezüglich Mobilität und Verkehr werden im Lichte absehbarer Entwicklungen sichtbar gemacht.
  • Ein Leitbild für eine multimodale Stadt der kurzen Wege soll entwickelt werden und den weiterführenden Planungen zugrunde gelegt werden.
  • Daraus werden Strategien für alle Verkehrsmittel und ergänzenden Handlungsfeldern mit konkreten Maßnahmen abgeleitet.
  • Ein daraus abgeleitetes Maßnahmenkonzept wird erarbeitet und umsetzungsreif aufbereitet, für die Maßnahmen wird – soweit als möglich – ein Kostenrahmen ermittelt und notwendige Schritte für eine Umsetzung werden aufgezeigt.
  • Ein mit der Raumplanung und Stadtentwicklung eng abgestimmtes Erschließungskonzept wird erarbeitet, Entwicklungen in neuen Stadtteilen (z.B. Messegelände) werden dabei vertieft behandelt.
  • Leitprojekte für die kurzfristige Umsetzung werden definiert.
Methode

Die Bearbeitung lehnt sich methodisch an die ersten acht Schritte eines EU-weit vorgeschlagenen Settings für Nachhaltige Städtische Mobilitätspläne, sogenannte SUMPs (Sustainable Urban Mobility Plans“) an.

Für die fundierte Ermittlung der Auswirkungen von alternativen Vorschlägen zur Führung des Kfz-Verkehrs bzw. Ergänzungen im Straßennetz (z.B. Spange 3) wird ein digitales Kfz-Verkehrsmodell eingesetzt. Dieses ermöglicht die realitätsnahe Abschätzung der Auswirkung von Eingriffen in die Organisation des Straßenverkehrs, zum Beispiel in Form von Verkehrsverlagerungen.
Die Bearbeitung erfolgt in enger Abstimmung mit der Stadtgemeinde und einer „Arbeitsgruppe Mobilitätskonzept“. In dieser Arbeitsgruppe sind neben Vertreter*innen der Stadtgemeinde auch wichtige Stakeholder vertreten.

Angestrebtes Ergebnisse des Mobilitätskonzeptes

Ergebnis der Arbeit ist ein gemeinsam erarbeitetes Mobilitätskonzept, das Empfehlungen zur Vorgehensweise und zu Prioritäten enthält. Es basiert auf einem Leitbild mit möglichst konkreten Zielsetzungen und enthält Maßnahmen aus mehreren Handlungsfeldern.

Wichtige Inhalte sind:

  • Ein gut ausgebautes Netz an Fußwegen, das barrierefrei, attraktiv und verkehrssicher zu begehen ist („örtliches Fußverkehrskonzept“)
  • Eine attraktive Infrastruktur für Fahrrad und E-Bike, inklusive attraktiver Abstellmöglichkeiten an Quelle und Ziel (Gut ausgebaute Hauptverbindungen für alle Verkehrszwecke, fahrradfreundliche Bedingungen in der Fläche, Konzept für qualitätsvolle Abstellanlagen, Leitsysteme und Bewusstseinsbildung)
  • Ein Leitbild für eine Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs, sowohl innerstädtisch als auch zur Verbesserung der regionalen Erreichbarkeit
  • Ein Parkraumkonzept für das Stadtzentrum, aber auch für das übrige Stadtgebiet, insbesondere für neu zu entwickelnde Stadtteile.
  • Ein Leitbild für den Ausbau bzw. die Reorganisation des Straßennetzes („Straßenfunktionsplan“) samt Verkehrsberuhigungsmaßnahmen in den zentralen Bereichen und in Wohngebieten, abgestimmt mit dem Stadtentwicklungskonzept.
  • Vorgaben für die Qualität der öffentlichen Räume und deren Attraktivität für aktive Verkehrsteilnehmer*Innen, unter Berücksichtigung der Anforderungen von Klimaschutz und Klimawandelanpassung (Begrünung, Beschattung, ausreichende Flächen, Aufenthaltsbereiche, Entsiegelung)
  • Mobility as a Service (MaaS) als neue Planungsphilosophie. Das bedeutet die schrittweise Ausrollung innovativer Mobilitätsdienstleistungen wie Sharing-Systeme, Last-Mile-Angebote und diversen Mobilitätsdienstleistungen für alle Zielgruppen
  • Information und Bewusstseinsbildung zum Thema Mobilität (Mobilitätsmanagement), getrennt nach Zielgruppen (Bewohner*Innen, Einpendler, Besucher und Kunden, Veranstaltungen)
  • Vorschlag für ein Monitoringsystem zum Thema Mobilität, um die Wirksamkeit von gesetzten Maßnahmen evaluieren zu können.

Das Planungsgebiet umfasst das gesamte Stadtgebiet von Ried im Innkreis, Schnittstellen zu Umlandgemeinden und regionale Vorgaben werden selbstverständlich beachtet.

Die einzelnen Schritte

1. Analyse der Ausgangslage
2. Verkehrserhebungen
3. Verkehrsmodell
4. Befragungen
5. SWOT Analyse und Ziele
6. Konzept fließender Kfz-Verkehr
7. Konzept ruhender Kfz-Verkehr
8. Fußverkehrskonzept
9. Radverkehrsstrategie
10. Öffentlicher Verkehr
11. Mobilitätsmanagement

Zusammenfassung Mobilitätsanalyse

Parkraumerhebung Innenstadt

Ausreichende Stellplatzkapazität in der Innenstadt

  • Knapp die Hälfte der Parker in den Kurzparkzonen der Innenstadt sind Dauerparker!
    • 1/3 in gebührenpflichtiger Zone,
    • 2/3 in gebührenfreier KPZ (Parkberechtigungen Bewohner!)
  • Lange Parkdauer der Dauerparker in der Innenstadt
  • Erhobene Dauerparkplätze am Rand der Innenstadt sind an der Kapazitätsgrenze
  • Tiefgarage Weberzeile wenig genutzt, weitere Kapazitäten Messegelände

Fließender Verkehr Innenstadt

  • Die Innenstadt ist sehr stark durch motorisierten Verkehr belastet (vgl. Übersicht Land OÖ)
  • rund 2/3 aller Einfahrenden sind „Durchfahrer
    • – Für eine qualitätvolle Begegnungszone ist das vergleichsweise viel zu hoch und sollte deutlich reduziert werden.
  • Eine Begegnungszone kann nur bei max. 20 km/h funktionieren

Radfahrer und Fußgänger in der Innenstadt

  • Der Anteil der Fußgänger ist in gutem Durchschnitt
  • Der Anteil Radverkehr ist unterdurchschnittlich nieder! Dies deutet auf fehlende Infrastruktur für Radfahrer hin.
Ziele und Strategien Mobilitätskonzept

Gute Erreichbarkeit im Kfz-Verkehr sichern

  • Attraktive Erreichbarkeit zur Stärkung der Zentrumsfunktion (Einkaufen etc) der Stadt
  • Ausreichend leistungsfähiges Straßennetz (“Straßenfunktionsplan”)
  • Klare Regelung des Parkens

Attraktive öffentliche Räume

  • Intelligente und funktionelle Gliederung des Straßen- und Wegenetzes und Verkehrsberuhigung
  • Durchgangsverkehr vermeiden
  • Belegung, Begrünung und Entsiegelung von Flächen
  • Erhöhung der Einkaufs-, Wohn- und Aufenthaltsqualität

Stärkung der Nahmobilität

  • Ried wird 15-min-Stadt
    Zentrale Einrichtungen in der Stadt sind auf kurzem Weg, attraktiv und verkehrssicher zu Fuß / mit dem Fahrrad erreichbar
  • Attraktive Wegnetze für aktive Mobilität
  • Mehr Wege zu Fuß und mit dem Rad

Verbesserung der regionalen Erreichbarkeit

  • Ausbau regionaler Rad (schnell-) Verbindungen
  • Attraktivierung des stadtgrenzen-überschreitenden öffentlichen Verkehrs und des Citybus-Verkehrs
  • Mehr Wege mit dem öffentlichen Verkehr

Diese Ziele und Strategien des Konzepts wurden am 13.07.2023 im Gemeinderat beschlossen. Die Basis ist geschaffen, um die Maßnahmen priorisiert in den Fachausschüssen zu bearbeiten.

Grundlage für das Konzept bildeten umfangreiche Bürgerbefragungen, detaillierte Parkraumerhebungen, Online-Befragungen und exakte Verkehrszählungen.

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